Nichts kann uns daran hindern zu lieben

„Auch unter extremen Bedingungen kann uns niemand Gott nehmen oder die Liebe verbieten“, sagt die Präsidentin der Fokolar-Bewegung, Maria Voce, in einer Videobotschaft am Todestag von Chiara Lubich.

„Die durch das Coronavirus ausgelöste Epidemie zwingt viele Länder zu drastischen Maßnahmen“, sagte Maria Voce am 14. März. „Isolierung und Einschränkung sozialer Kontakte sind die bisher effizientesten Mittel, um Ansteckung zu vermeiden. Auch Gottesdienste bleiben verboten. Für viele von uns ist diese Isolation eine völlig neue Erfahrung. Wir sind ja geradezu geschaffen für Einheit und Gemeinschaft.“ Doch gerade deswegen entstünden viele neue Ideen, wie trotzdem Gemeinschaft gelebt werden kann, führt Maria Voce weiter aus. „Das belegen auch die Früchte dieser schmerzlichen Tage, an denen ihr mich teilhaben lasst, und für die ich euch von Herzen danke. Ihr seid das lebendige Zeugnis dafür, dass auch unter extremen Bedingungen niemand uns Gott nehmen oder die Liebe verbieten kann.“

Mit Kreativität und Phantasie

Und sie fährt fort: „Auf vielerlei Weise können wir anderen Unterstützung und Stärkung anbieten: vor allem durch das Gebet, aber auch durch kleine Gesten der Liebe, ein Telefonat, eine WhatsApp, eine Mail… damit niemand sich einsam fühlt: niemand, der zuhause bleiben muss oder der krank ist, niemand, der die anderen pflegt, tröstet und begleitet, niemand, der in irgendeiner Weise die Folgen dieser Situation tragen muss. Mit einem Wort: lassen wir unsere Kreativität und Phantasie spielen…die Jugendlichen zeigen es uns, wie ihre Erfahrungen in den sozialen Medien bekunden – aber nicht nur sie. Wenn wir diese kleinen Gesten der Liebe miteinander teilen, werden wir uns anstecken mit dem Gegenvirus der Hoffnung und Geschwisterlichkeit.

Das bezeugt auch eine kleine Erfahrung einer älteren Dame aus unserem Bekanntenkreis.
„Wie viele bin auch ich in Kontakt mit einer Familie aus Syrien. Letztes mal merkte ich, dass das Baby aus seinen Sachen herauswächst und ich hatte noch passende Kleider, die ich für sie geschenkt bekommen hatte.
Andererseits hab ich im Radio gehört, dass ältere Leute zuhause bleiben sollen. Einladen wollte ich sie auch nicht recht … am liebsten bleiben lassen - mit dem Bus mit Umsteigen am Sonntag - auch kompliziert.
Ich gab mir einen Ruck und fuhr die 10 km mit dem Rad und hab dann die Entscheidung Jesus anvertraut, ob ich in die Wohnung gehe oder herunten warten  soll.
Als ich ankam, waren sie gerade am Weggehen, sie waren über die Virus-Vorschriften voll informiert, fanden unseren Präsidenten sehr väterlich, boten mir ihre Hilfe an.
Der Vater hat sich gemeldet, bei Bedarf zu helfen, denn "wir müssen diesem wundervollen Land etwas zurückgeben“.
Dann kam noch ein Anruf von seiner Mutter aus Idlib, die Situation ist jetzt besser. Wir machten Selfies; ich, 20 Jahre älter als die Mutter, mit Fahrrad und Helm ist ja wirklich komisch für eine Frau mit Hijab. (Sie ist sehr darauf bedacht) Es war lustig. Ich hatte das Gefühl, jetzt habe ich auch mit ihr Freundschaft geschlossen.
Wieder einmal bin ich reich beschenkt mit der Begegnung und wir versprachen füreinander zu beten.“

Geplantes Loslassen

Das Corona-Virus stoppt das Leben der gesamten Gesellschaft – und so auch alle Feierlichkeiten, die im Jahr des 100. Geburtstages von Chiara Lubich geplant waren. „Seit Beginn dieses Jahres finden aus diesem Anlass Events in der ganzen Welt statt“, sagt Maria Voce. „Überall sind sie auf das Interesse der Medien gestossen, sei es aufgrund der Gestalt Chiaras, sei es aufgrund dessen, was ihr Charisma rund um die Fokolar-Bewegung bewirkt hat.“ Nun gelte es, die veränderte Lage anzunehmen und geplante Events loszulassen. Und Maria Voce mahnt: „Dabei ist das Coronavirus nicht der einzige Notstand in der Welt, wir wissen um die schreckliche Situation der Flüchtlinge, den Krieg in Syrien, die alten und neuen Epidemien in afrikanischen Ländern“.

Neuer Glaube an die Liebe Gottes

 

Niemand weiss, wie lange die aktuelle Situation anhalten wird. „Aber diese Wochen werden vorbeigehen“, sagt Maria Voce. „Wenn wir gut leben in dieser Zeit, werden wir die lebendige und starke Gegenwart Jesu im gelebten Evangelium neu entdecken, seine Gegenwart im Bruder, in der Schwester, Jesus unter uns, der auch dann unter uns, in unserer großen Familie lebendig sein kann, wenn wir räumlich voneinander getrennt sind. Vor allem aber werden wir ihm begegnen im Ja zum Schmerz, in dem wir Jesus den Verlassenen erkennen – „den Gott Chiaras“, wie der Bischof von Trient gesagt hat. Auch wir werden die Erfahrung Chiara Lubichs und ihrer ersten Gefährtinnen wiederholen können, die mitten im Krieg gepackt waren von Gott und seiner Liebe. Diese Wirklichkeit war stärker als alles andere. Alles begann mit diesem neuen Glauben an die Liebe Gottes.“

Und Maria Voce schliesst: „Machen wir uns heute neu auf den Weg in dieser Sicherheit: alles ist Liebe. Wenn wir vereint bleiben im Gebet und in der Liebe zu allen, werden auch wir Hoffnungsträger in der Welt sein.“

(Bearbeitet von Beatrix Ledergerber)