Wort des Lebens Dezember 2018

„Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!“

Als der Apostel Paulus an die Gemeinde von Philippi schrieb, war er durch Verfolgungen bedrängt. Und doch riet er seinen Freunden dort, ja er forderte sie auf, sich zu freuen.
Kann man das denn fordern? Wenn wir uns umschauen, finden wir wenig Gründe, gelassen zu sein, geschweige denn Grund zur Freude. Angesichts der Sorgen des Lebens, der Ungerechtigkeit in der Gesellschaft und der Spannungen zwischen den Völkern ist es schon viel, sich nicht entmutigen oder unterkriegen zu lassen, sich nicht zurückzuziehen.
Und doch gilt auch uns die Aufforderung von Paulus:

„Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!“

Was steckt dahinter?
„Es gibt für Paulus einen Grund, trotz allem immer in der Freude zu sein. Wenn wir mit ganzer Hingabe und ohne Abstriche ein christliches Leben führen, bringt uns das unweigerlich die Freude. Dann lebt Christus in uns, und mit ihm können wir nicht anders als froh sein. Er ist die Quelle der wahren Freude, gibt unserem Leben Sinn und führt uns mit seinem Licht. Er macht uns frei von jeder Angst vor der Zukunft und nimmt uns die bedrückenden Sorgen über Vergangenes. Er gibt uns Kraft, alle künftigen Schwierigkeiten, Versuchungen und Prüfungen zu überwinden.“ (1
Die Freude des Christen ist nicht einfach Ausdruck von Optimismus, materieller Sicherheit oder guter Laune eines jungen Menschen. Sie kommt vielmehr aus der persönlichen Begegnung mit Gott in uns.

„Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!“

Aus dieser Freude heraus, so Paulus weiter, können wir dem anderen herzlich entgegengehen und uns Zeit für ihn nehmen. An anderer Stelle spricht er gar von Seligkeit, wenn er Jesus zitiert: „Geben ist seliger als nehmen.“ (2

Die Gemeinschaft mit Jesus bringt auch inneren Frieden hervor. Nur er kann die Menschen um uns herum mit seiner Kraft anstecken.
Vor Kurzem haben sich in Syrien trotz der großen Gefahren und der Schwierigkeiten des Krieges mehrere Jugendliche der Fokolar-Bewegung getroffen, um sich über die Erfahrungen mit dem Leben nach dem Evangelium auszutauschen und die Freude, die der gegenseitigen Liebe entspringt, zu teilen. Voller Entschlossenheit zu bezeugen, dass die Geschwisterlichkeit möglich ist, sind sie danach wieder heimgekehrt.
Bei der Begegnung waren auch Teilnehmer aus Europa dabei. Nach ihrer Rückkehr berichtete einer: „Es waren Erfahrungen von äußerst schmerzlichen Erlebnissen, von Zeichen der Hoffnung, von heldenhaftem Glauben an die Liebe Gottes. Einige Jugendliche haben alles verloren und leben mit der Familie in Flüchtlingslagern, andere haben mitansehen müssen, wie die liebsten Menschen starben. […] Aber sie lassen sich nicht unterkriegen: Sie organisieren Festivals für Tausende Menschen, bauen eine Schule wieder auf und legen eine geplante Grünfläche im Dorfzentrum an, die aufgrund des Krieges nie fertiggestellt worden war. Sie unterstützen Dutzende Flüchtlingsfamilien. […] Mir kamen die Worte Chiara Lubichs* in den Sinn: ‚Die Freude des Christen gleicht einem Sonnenstrahl, der auf einer Träne erglänzt, einer Rose, die blutrot auf steinigem Grund erblüht; sie ist die Essenz der Liebe, destilliert aus dem Schmerz. Deshalb ist sie eine einzigartige, übernatürliche Freude, die unwillkürlich anzieht; es ist, als reiße der Himmel auf.’ (3 – Unsere syrischen Geschwister bezeugen mit der Kraft der ersten Christen in diesem schrecklichen Krieg Vertrauen und Hoffnung auf Gott, der die Liebe ist, und geben sie auch an ihre Weggefährten weiter. Danke, Syrien, für dieses Beispiel gelebten Christentums!“

Letizia Magri

 

(1 Chiara Lubich, Kommentar zum Wort des Lebens Dezember 1987
(2 Apostelgeschichte 20,35.
(3 Chiara Lubich, Alle sollen eins sein, München 1995, S. 283