Wort des Lebens Feber 2018

„Wer durstig ist, den werde ich umsonst aus der Quelle trinken lassen.“ 1)

Zur Zeit der beginnenden Christenverfolgung schrieb der Apostel Johannes das Buch der Offenbarung als Trost und Ermutigung. Mit vielen Bildern und Symbolen enthüllt er die großartige Vision Gottes auf die Geschichte und die Endzeit, die seinen endgültigen Sieg über die Macht des Bösen bedeutet. Dieses Buch feiert schon das Ziel: die Erfüllung, die Gott der Menschheit zugedacht hat. Es ist die Verheißung, von allem Leid befreit zu werden: Gott selbst „wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal” (Offenbarung 21,4).

„Wer durstig ist, den werde ich umsonst aus der Quelle trinken lassen.“

Schon in der Gegenwart keimt diese Zukunft für jeden auf, der sich ehrlich auf die Suche nach Gott und seinem Wort macht, durch das wir seinen Willen erkennen können. Sie zeigt sich im Durst nach Wahrheit, Gerechtigkeit, Geschwisterlichkeit. Durst haben, suchen, das ist für Gott ein guter Anfang – verspricht er uns doch die Quelle des Lebens.
Gott gibt uns sein Wasser ohne Gegenleistung, nicht nur denen, die aufgrund ihrer eigenen Anstrengungen auf sein Wohlwollen hoffen. Er gibt es allen, welche die Last der eigenen Schwächen spüren und sich Gottes Liebe anvertrauen, in der Gewissheit, geheilt zu werden. So finden sie die Fülle des Lebens, das Glück.
Fragen wir uns also: Wonach dürstet mich? Aus welchen Quellen trinke ich?

„Wer durstig ist, den werde ich umsonst aus der Quelle trinken lassen.“

Vielleicht haben wir Durst danach, akzeptiert zu werden, einen Platz in der Gesellschaft zu haben, unsere Pläne zu verwirklichen ... Das ist nicht verkehrt, kann uns jedoch zu Quellen führen, deren Wasser durch Egoismus verschmutzt ist. Und wo sauberes Trinkwasser knapp ist, kennt man die katastrophalen Auswirkungen seines Mangels nur zu gut. Reines Wasser ist unverzichtbar für Leben und Gesundheit.
Ganz tief in uns können wir aber auch noch einen anderen Durst finden, einen, den Gott selbst in uns hineingelegt hat: Weil das Leben ein Geschenk ist, „dürstet“ uns danach, es in einer Haltung des Empfangens und Schenkens zu leben. Gehen wir deshalb zur reinen Quelle des Evangeliums; versuchen wir, wegzuräumen, was uns vielleicht den Zugang dazu verwehrt, schöpfen wir daraus. Lassen wir uns so wandeln in Quellen einer großzügigen Liebe, die offen ist für andere und uneigennützig. Und lassen wir uns von den unvermeidlichen Schwierigkeiten auf dem Weg nicht aufhalten.

„Wer durstig ist, den werde ich umsonst aus der Quelle trinken lassen.“

Wenn wir als Christen die gegenseitige Liebe leben, kann Gott in besonderer Weise wirksam werden, wie Chiara Lubich* schreibt:
„Jeder Augenblick, in dem wir das Evangelium leben, ist wie ein Tropfen lebendigen Wassers, das wir trinken. Jede Handlung, die wir aus Liebe vollbringen, ist wie ein Schluck dieses Wassers. Dieses so besondere und wertvolle Wasser sprudelt nämlich immer dann in unseren Herzen, wenn wir es für die anderen öffnen. Es entspringt einer göttlichen Quelle. Sie schenkt Wasser in dem Maße, in dem es dazu verwendet wird, den Durst anderer zu stillen – durch kleine oder große Taten der Liebe. (…) Mit der Zeit wird diese Quelle des Friedens und des Lebens immer mehr Wasser schenken, ohne je zu versiegen. Jesus hat uns ein weiteres Geheimnis offenbart, den Zugang zu einem Brunnen, dessen Wasser nie zu Ende geht: Wenn zwei oder drei Menschen sich in seinem Namen vereinen, wenn sie sich in seiner Liebe begegnen, dann ist er selbst in ihrer Mitte (vgl. Matthäus 18,20). Dann erfahren wir Freiheit, Einheit, die Fülle des Lichts und Ströme lebendigen Wassers werden aus unserem Inneren fließen (vgl. Johannes 7,38). Wenn sich dieses Versprechen Jesu erfüllt, dann ist es er selbst, der in unserer Mitte gegenwärtig ist, der unseren Durst auf ewig stillen wird.” 2)
Letizia Magri

1) Dieses Wort ist die Jahreslosung der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen. Am Auswahlverfahren sind 20 evangelische und katholische Mitgliedsverbände aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Frankreich beteiligt.
2) Chiara Lubich, Kommentar zum Wort des Lebens, September 2002